Über stachelbeermond

Ich mag Geschichten, die spannend sind und irgendwo hin wollen, sammle seltene Worte und lasse sie wie Drachen steigen... mein Blogzuhause: stachelbeeermond.com

Gleichgewicht

ich bitte dich
um Ausgewogenheit
zwischen Vogelgesang
und Staubsauger
um tiefe Atemzüge
zwischen Erledigungen
lass mich Himmelblau sehen
wenn ich hetze
ich möchte mich spüren
wenn es Sommer wird
in gedrängten Stunden
die kleinen Blüten begrüßen
halte mich
im Gleichgewicht

Der Dienstag dichtet!  
Katha kritzelt hat diese Aktion ins Leben gerufen: Dienstag ist Gedichtetag. Wer sich anschließen will, ist herzlich willkommen! Mit dabei sind:

Mutigerleben
Wortgeflumselkritzelkrams
Werner Kastens
Nachtwandlerin
Gedankenweberei
Erinnerungswerkstatt
Lebensbetrunken
Dein Poet
Geschichte/n mit Gott
Suses Buchtraum
Wortmann
Traumspruch
Lyrik trifft Poesie
Voller Worte

Möbelaufbau

Boah. Wenn ich eins hasse, dann ist es, Möbel zusammenzubauen. Jemand aus der Hölle muss sich das ausgedacht haben, ‚haha, und dann lassen wir sie Möbel kaufen, aber SIE SIND NICHT ZUSAMMENGEBAUT! Das müssen sie selber tun, was meinst du, wieviel wunderbaren Streit und Frust wir ernten werden! Das wird ein Fest!‘ Und genauso ist es. Diese Millionen kleinen Teile in Millionen kleinen Tüten, und garantiert fehlt später irgendwo eins, und genauso garantiert werde ich eins der vorgebohrten Löcher zu klein vorfinden (oder ich habe die falsche Schraube, aber lassen wir das). Und dann diese leutseligen Blicke vom Aufbauhelfer! Wenn der schon anfängt mit ‚gucken Sie mal, hier muss das rein, haben Sie nicht gesehen, was?‘, dann fange ich an, vor mich hin zu qualmen. Ich weiß, die müssen auch solche Möbelaufbautotalversager wie mich integrieren, aber trotzdem, wenn der noch einmal gönnerhaft von oben auf mich herabblickt, weil ich wieder das falsche Teil gegriffen habe, bringe ich hier jemanden um, ich schwör´s. Und es ist überhaupt nicht meine Schuld, wenn diese dumme Stellschraube eine Umdrehung zuviel nicht aushält! Was kann ich dafür, wenn das nicht stabil genug für Laien gefertigt wird! ICH wollte dieses Möbel nicht, ICH hätte gut darauf verzichten können, aber nein, ‚komm, lass uns zu Ikea fahren, die haben da echt schöne Sachen!‘ Ja, genau, in Einzelteilen, direkt aus der Hölle!
Jetzt haben sie mich rausgeworfen. Ich soll Kaffee kochen oder irgendwas anderes Sinnvolles tun. Was mache ich jetzt? Hm. Das Neuschwanstein-Puzzle ist noch nicht fertig, 1500 Teile sind ’ne Herausforderung, aber ich weiß, ich schaff das. Neuschwanstein forever! Puzzeln ist toll!

Ich bin zu spät für die Mai-Etüde, ich habe es verpasst, der Mai war zu voll. Tja. Aber da ich die Worte toll finde, kommt hier ein kleines Textchen als Nachtrag. Teilnahmebedingungen siehe Bild oben, die Wortspende kam von Christiane höchstselbst. Vielen Dank!

Gelbe Zellen

Täglicher Schreibanreiz
Erinnerst du dich an das Leben vor dem Internet?

Oh ja. Das Leben vor dem Internet bedeutet auch das Leben vor dem Handy, und das wiederum bedeutet das Leben mit den gelben Telefonzellen, und das war nicht schön, oh nein, das war es nicht. All ihr jungen Menschen da draußen, glaubt niemandem, der euch von nostalgischen, wunderschönen gelben Telefonzellen erzählt, die malerisch an Straßenecken standen und die Städte erhellt haben. Ja, es brannte abends oft (aber nicht immer) ein Licht da drinnen, aber das war es auch schon. Ansonsten haben sie drinnen fast immer schlimmer als ein Iltis nach dem Winterschlaf gerochen, den Hörer konnte man eigentlich nur mit dem Jackenärmel anfassen, weil er eine seltsame, schmierige Schicht aus was auch immer auf sich trug, und die Hörermuschel (ja, sowas gab es damals) roch nach dem Zahnbelag hunderter früherer Benutzer. In den Telefonbüchern in der Zelle fehlte immer genau die Seite, die man gebraucht hätte, weil so ein nichtsnutziger Schuft sie für eigene Zwecke herausgerissen hatte, und dann stand man da, ohne Nummer, ohne Plan und musste irgendjemand anderes anrufen in der Hoffnung, dass er oder sie vielleicht das passende Telefonbuch zur Hand hätte und einem die Nummer durchgeben könnte, und dann hatte man keinen Stift dabei und musste mit dem Zeigefinger auf die feuchte Innenscheibe der Zelle malen und hoffen, dass man schnell genug wählen konnte, bevor sie wieder verblasste. In ganz schlimmen Fällen ging einem das Kleingeld aus und man schrie noch schnell das wichtigste in den Hörer, bevor einen die fehlenden zehn Pfennig gnadenlos aus der Leitung warfen. Aber eigentlich war das auch ok, denn vor der Zelle wartete oft schon der nächste ungeduldige Benutzer, der schon mehrmals mit den Fingerknöcheln gegen die Scheibe geklopft hatte, ob man denn nicht endlich, endlich! fertig wäre, schließlich wollten auch andere Menschen wichtige Anrufe erledigen. Und wenn man dann wieder draußen war, an der frischen Luft, atmete man tief durch und hatte das Gefühl, die Luft sei besser als jemals zuvor.
Also ja, ich erinnere mich an die Zeit vor dem Internet und vor dem Handy, mit Telefonzellen, und nein, es war keine bessere Zeit. Nur anders. Gelber. Und mit mehr Kleingeld in den Hosentaschen.

morgens um sechs

morgens um sechs
wünsche ich mir Rosen
samtig weiche Blüten
schön wie das Leben
stachelig wie die Trauer
duftend wie die Sehnsucht
rot glühend
sehe ich sie vor mir
morgens um sechs

Der Dienstag dichtet!  
Katha kritzelt hat diese Aktion ins Leben gerufen: Dienstag ist Gedichtetag. Wer sich anschließen will, ist herzlich willkommen! Mit dabei sind:

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Alltagswissen

Worin bist du gut?

Ich bin in sehr vielen Dingen gut, so wie jeder Mensch in sehr vielen Dingen gut ist. Wir lassen die nur oft unter den Tisch fallen, weil die Dinge, die wir nicht können (und das sind auch sehr viele) so viel größer zu sein scheinen. Wie immer gilt die Frage: Ist das Glas halb leer oder halb voll? So, und nach der Portion Alltagsweisheit nun eins der Dinge, in denen ich wirklich, wirklich gut bin: Schmecken, ob eine Schokolade nur gut oder sehr gut ist. 😁

Gleich viel

Kurz vor Jerusalem schickte Jesus zwei fort mit dem Auftrag:
“ ‚Lasst euch nicht kleinmachen!‘
Und wenn jemand etwas sagt, dann antwortet: ‚Alle sind gleich viel wert.‘ „
Viele Menschen aus der Menge breiteten ihre Kleider als Teppich auf die Straße, andere rissen Zweige von den Bäumen und legten sie auf den Weg. Die Menschenmenge, die Jesus vorauslief und ihm folgte, rief immer wieder:
„Du bist ein Mensch! Das ist groß!“
„Wer ist dieser Mensch?“ fragten die Leute in der Stadt.

Was gerade sehr schön ist

  • dem Chor unten beim Proben zuhören
  • auf dem unbekannten großen Baum singt eine Amsel ihr Abendlied
  • über mir zischen die Mauersegler durch den Himmel
  • die letzte Abendsonne beleuchtet ihre Flügel von unten
  • ganz weit oben fliegen vier winzig kleine Flugzeuge
  • noch weiter oben steht die schmale Mondsichel
  • die Margeriten wippen im Takt des Chores
  • der Schnittlauch explodiert lila in Super-Zeitlupe
  • mir ist nur ein ganz bisschen kalt
  • das Wissen, Wärme wird überbewertet
  • reingehen scheidet aber sowas von aus!

Der Trotz kommt zu Besuch

Der Trotz kommt zu Besuch. Hilfe! Du erinnerst dich noch vom letzten Mal daran, wie er aussieht und richtest schnell dein Haar, ziehst deine Lieblingsjeans an und kochst Kaffee. Beim letzten Mal hat er nichts davon bemerkt, aber egal, du willst einen guten Eindruck hinterlassen.
Als du die Tür öffnest, rauscht er hindurch, ohne dich richtig zu begrüßen. Seine blauen Augen blitzen, seine Haare wehen wie im Sturm, er elektrisiert die Luft. Du bist hingerissen. Er bleibt im Wohnzimmer stehen und gestikuliert mit seinem Gehstock. „Und dann hat er verlangt, dass ich mich ändere, kannst du dir das vorstellen? Ganz bestimmt werde ich das nicht tun! Warum sollte ich das tun? Bin ich etwa nicht gut genug, so wie ich bin? Wie kann er es wagen! Unglaublich!“ Er stampft mit dem Fuß auf, und du weißt, eigentlich solltest du das lächerlich finden, ein erwachsener Mann, der wie ein trotziger Junge mit dem Fuß aufstampft, aber er sieht so gut aus dabei! Du versuchst, ihm Kaffee anzubieten, aber er ist mit sich und seiner Empörung beschäftigt. „Wenn er meint, mir gute Ratschläge geben zu müssen, dann wird er auf meine Gesellschaft verzichten müssen! Ich werde ihm nicht die Last meiner Anwesenheit aufbürden!“
„Naja“, versuchst du einzubringen, weil du weißt, wie lange die beiden schon befreundet sind, aber du wirst nicht erhört. Der Trotz redet sich immer mehr in Rage und entscheidet dann, das alles würde er seinem Freund jetzt persönlich sagen. Er legt dir kurz die Hand auf die Schulter und bedankt sich für das Gespräch und du schmilzt dahin, obwohl du für das bevorstehende Gespräch das schlimmste fürchtest. Und obwohl es überhaupt kein Gespräch gab, der Trotz hat seinen üblichen Monolog gehalten. Wie macht er das bloß immer, fragst du dich, als du ihm durchs Flurfenster nachsiehst, während er seinen Gehstock durch die Luft schleudert und der Kies unter seinen Schritten davonspringt. Vielleicht bist du ein kleines bisschen neidisch auf die Unmittelbarkeit seiner Gefühle. Man stelle sich vor, er würde mit derselben Intensität lieben! Aber dazu wird es nicht kommen. Er ist mit sich beschäftigt, so wie immer. Schade eigentlich.

Andere Tage

An anderen Tagen ist die Stille tief.
Die Sonne scheint süßer.
Tränen rollen selbstverständlicher.
An anderen Tagen bemerkt man die kleinen Knospen.
Das Herz begrüßt die langen Seufzer.
Man umarmt die Vergänglichkeit.
An anderen Tagen freut man sich über das Lachen Fremder.
Schritte sind leicht und schwer zugleich.
Man ist bereit weiterzugehen.
An anderen Tagen rutschen die Dinge ins Gleichgewicht.
Alles ist in der Waage. Man schwebt.

Der Dienstag dichtet!  
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