Über stachelbeermond

Ich mag Geschichten, die spannend sind und irgendwo hin wollen, sammle seltene Worte und lasse sie wie Drachen steigen... mein Blogzuhause: stachelbeeermond.com

Der Trotz

Der Trotz ist ein gutaussehender junger Mann. Seine Haare stehen in alle Richtungen zu Berge und wippen bei jeder Bewegung, der Traum jeder Frau. Man könnte eifersüchtig werden auf diese Haare! Seine Augen sind eisblau und gucken dauerempört in die Welt, man sieht quasi, wie sie blitzen, wenn er mit dem Fuß aufstampfend seinen Zylinder abnimmt, um ihn mit der rechten in die linke Hand zu schlagen. Natürlich nur, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen! Der Trotz trägt einen massgeschneiderten grauen Anzug mit Weste. Er sieht ein bisschen aus wie aus einem Jane Austen Roman entlaufen, aber er würde nur abschätzig auflachen, wenn er von diesen Gedanken wüsste. Seine Bewegungen sind exaltiert, wenn er wütend ist (und das ist er oft), manchmal auch abgehackt. Natürlich ist er dünn, er ißt ja auch nie etwas, weil es immer etwas gibt, über das er sich aufregt und gegen das er sich verteidigen muss, lauter Angriffe auf seine Person. Wenn er nicht so mit sich selbst beschäftigt wäre, würde er die Blicke der Frauen bemerken, aber es ist aussichtslos. Er ist der Trotz.

Ich gehöre dazu

Ich gehöre selbstverständlich dazu.

Diese verrückte Welt mit ihren Absurditäten, den rosa Flamingos und den Teppichen, unter die so gerne gekehrt wird, mit den Möglichkeiten und Begrenzungen und den endlos samtigen Nachthimmeln: Ich gehöre dazu, solange meine Zeit hier dauert.

Traumerkenntnisse sind die besten.

Muskelkater

„Wir arbeiten entschlossen!“ schrien die Muskeln und ignorierten den Muskel-Kater, der um sie herumschlich, leise schnurrte und auf seinen Einsatz wartete.

Was heute morgen überraschend schön war

  • das Amselständchen direkt vor dem Fenster
  • es nur halb so laut zu hören dank Tempo in den Ohren
  • zu wissen, es gibt einen Rossmann in der Nähe, der Ohropax im Angebot hat, und er öffnet um acht
  • die Heizung im Bad hat Erbarmen und rührt sich nach fünf Minuten
  • die warme Dusche
  • der überaus brilliante Einfall mit dem Tuch und der Gardine und dem zu offenherzigen Fenster
  • Sonnenschein zwischen den dicken Wolken
  • Sonnenschein im Zimmer dank meines überaus brillianten Einfalls 😊🌞
  • Frühstücksvorfreude

Schreibsurfer

mit dem Füller zum Heft gehen
wie mit dem Badetuch zum Strand
vorfreudig in die blendend weißen Seiten schauen
den Füller in der Hand wiegen
wie eine gerade gefundene Muschel
mit der Feder sanft über das Papier gleiten
wie ein Seitensurfer
Wellen hinterlassen
zurückblicken und den Schaum
langsam verebben sehen
darunter Silbenschwärme beobachten
hoffen
dass ab und zu
eine direkt unter die Feder springt
Worte zum Leuchten bringt

Der Dienstag dichtet!  
Katha kritzelt hat diese Aktion ins Leben gerufen: Dienstag ist Gedichtetag. Wer sich anschließen will, ist herzlich willkommen! Mit dabei sind:

Mutigerleben
Wortgeflumselkritzelkrams
Werner Kastens
Nachtwandlerin
Gedankenweberei
Erinnerungswerkstatt
Lebensbetrunken
Dein Poet
Geschichte/n mit Gott
Suses Buchtraum
Wortmann
Traumspruch
Lyrik trifft Poesie
Voller Worte

Kiefernglanz

Kiefernglanz

jetzt tanzen sie wieder
zu klirrend kalter Mondmusik
bauen frostige Lager
in Astgabeln
Flügelpaare leuchten
im blauen Licht
Nestbau zwischen Sternen
und Morgenglanz
der erste kleine Frühling
erwacht im Januarmond

Das war ein Beitrag zu den abc-Etüden und ein Beitrag zum dichtenden Dienstag! Jahreszeitlich nicht ganz passend, aber was soll man machen, wenn da „frostig“ als Vorgabe steht! 😊 Die Vorgaben für die Etüden siehe Bild, organisiert wird das ganze von Christiane – vielen Dank!

Nestbau

Fräulein Honigohr kuschelt sich tiefer ein. Die roten Blütenblätter leuchten. „Weißt du noch“, fragt sie schläfrig, „wie ich dir ein Nest gebaut habe? Es war kalt, und naß, aber dir hat das nichts ausgemacht, du warst so schön… rund und braun und du hast nach Frühling gerochen…“
Die Tulpe summt im warmen Wind.
„Genau“, sagt Fräulein Honigohr, „so ist es, meine Liebe. Ich habe mir ein paarmal Sorgen gemacht, weißt du das? Es war so frostig draußen, und ungemütlich. Aber das hätte ich gar nicht tun müssen, oder?“
Ein Leuchten wie ein Lachen rauscht über die roten Blätter.
„Ich wusste es“, murmelt Fräulein Honigohr und blinzelt träge in den Himmel. Die Sonne glüht durch das tiefe Rot und wirft Feuerwirbel über ihr Gesicht. Die Tulpe dehnt sich der Sonne entgegen, ihre Blätter tanzen im leichten Wind.
„Nächstes Jahr werde ich Nestbau für dich betreiben“, murmelt Fräulein Honigohr, bevor sie einschläft. „Dann kannst du im Schwarm tanzen.“
Die Tulpe singt.

Das war ein Beitrag zu den abc-Etüden (Bedingungen siehe Bild oben), und organisiert werden die Etüden von Christiane – vielen lieben Dank! 😊