ich schwimme im unendlichen über und unter mir unermesslicher raum ich schwimme allein mit vielen alle sind wir auf demselben weg ich atme leicht leben ist einfach wir wissen wohin nach vorn immer nach vorn ich schwimme allein mit vielen wir bewegen uns leicht im einklang zusammen allein in den vielen wir schwärmen in der unendlichkeit nach vorn immer nach vorn
Der Dienstag dichtet! Katha kritzelt hat diese Aktion ins Leben gerufen: Dienstag ist Gedichtetag. Wer sich anschließen will, ist herzlich willkommen! Mit dabei sind:
Bei puzzleblume habe ich neulich die Zimmerreisen entdeckt, die ich sehr verführerisch finde. So eine Wohnung ist unentdecktes Land, hinter jedem Gegenstand lauert eine Geschichte darauf, erzählt zu werden. Daher gibt es hier meine erste Zimmerreise zum Buchstaben B wie Bild.
In meiner Küche hängt ein Bild von einem Leuchtturm mit einer Badewanne auf der Aussichtsplattform. Sie hat ein Sonnensegel. Die Badewanne, nicht die Aussichtsplattform. Und unter dem Sonnensegel sitzt jemand mit blonden Haaren und badet, vor sich die blaue See mit ein paar weißen Schafswolken und einer absolut beneidenswerten Aussicht. Ein Geschoss tiefer stehen die Fenster offen, ein paar Möwen nutzen den Schatten, ansonsten: Nichts. Nur sehr viel Sand und Meer. Man kann die Stille hören und das Salz riechen, die Wärme fühlen, die über die Haut streicht, dazu das leise Rauschen der See. Dieses Bild musste ich haben, und entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten habe ich tatsächlich nach dem glücklichen Kauf sofort nach einem Rahmen dafür gesucht und ihn auch noch gefunden. Nirgendwo sonst in meiner Wohnung gibt es etwas Silbernes (naja, Besteck schon), und schon gar keine Rahmen in Silber. Aber hier musste es genau dieser sein, weil er die Leichtigkeit und die Helligkeit und den Sommer transportiert, die mir aus dem Bild entgegenquellen. Und das Bild musste in die Küche, weil ich mich dort sehr oft aufhalte und weil mein Blick vom Küchentisch immer fast direkt auf das Bild fällt, und ich einen kleinen Moment innehalte und mich freue, weil der Sommer entweder gerade da ist oder irgendwann wieder kommt. So ein Leuchtturm als Sommerresidenz, das wäre was, aber wenn, dann natürlich nur mit Badewanne auf der obersten Plattform, man hat ja seine Vorstellungen, vor allem, wenn sie einem so direkt vor Augen gemalt werden. Ach ja, und an der Seilwinde rechts sollte bitte das Frühstück hängen, das vorbei gebracht wird. Mit Croissant, bitte. Wenn schon, denn schon. Ich kenne die Malerin und bin (immer noch) der Meinung, sie hat sich selbst da direkt hineingemalt, das ganze Bild ist sie, es passt eins zu eins zu ihr, als ob es ihr direkt aus den Fingern geflossen wäre. Im übertragenen Sinn, natürlich, in Form von Aquarellfarben, wir wollen hier ja keine Assoziationen von Dornröschen, Spinnrädern, Blutstropfen und hohen Türmen wecken. Mit Dornenhecken will ich zumindest auf diesem Bild nichts zu tun haben. Neben meinem Sehnsuchtsbild von Meer, Leuchttürmen und einsamen Stränden befindet sich übrigens eine Pinnwand, an der in normalen Zeiten (also nicht in Corona-Zeiten) lauter kleine Dinge hängen, die auf schöne Dinge in der Zukunft verweisen: Eintrittskarten, zu kaufende Bücher oder CDs, Ausflugsüberlegungen, Gutscheine usw.. Eine Terminnotiz von meinem Schornsteinfeger hängt da auch, aber das macht nichts, er ist immer nett, auch, wenn er meist um 07.10 Uhr bei mir klingelt, wenn ich noch gar nicht genau weiß, wer ich bin. Neben der Schornsteinfegernotiz hängt ein kleiner Zettel, auf dem ich Namen von zukünftigen Protagonisten notiert habe. Sie existieren schon, sind aber bisher noch namenlos. Nicht, dass ihnen das etwas ausmachen würde. Sie wissen ja noch nicht, was ihnen fehlt. Höchste Zeit, mich ihnen wieder mal zu widmen.
Ein Sehnsuchtsbild von Katja Priebe, hier leider farblich eher unterirdisch wiedergegeben. In echt strahlt es und duftet nach Sommer.
1. die letzte Mahlzeit essen, sich verabschieden, nach Hause fahren. 2. die letzte Mahlzeit essen, sich verabschieden, sich ins Auto setzen, ein bisschen weinen, nach Hause fahren. 3. die letzte Mahlzeit essen, sich verabschieden, sich auf die Terrasse setzen, ein herzzerreissendes Requiem schreiben. 4. die letzte Mahlzeit essen, sich verabschieden, den Strandkorb in der Eingangshalle umarmen und nie mehr loslassen. 5. die letzte Mahlzeit essen, sich verabschieden, zum Strand gehen, sich einbuddeln lassen und hoffen, dass einen niemand findet. 6. die letzte Mahlzeit essen, sich verabschieden, den Lottogewinn sinnvoll einsetzen, das Haus kaufen und ans Meer ziehen. 7. die letzte Mahlzeit essen, sich verabschieden, ein Baumhaus im Kiefernwald bauen und Selbstversorger werden. 8. die letzte Mahlzeit essen, sich verabschieden, am Strand im Wasser herumplantschen und Pläne schmieden, das Meer in die Mitte Niedersachsens umzusiedeln. 9. die letzte Mahlzeit essen, sich verabschieden, soviele Möwen anfüttern wie möglich, sie einspannen und mit ihnen davonfliegen. 10. die letzte Mahlzeit essen, sich verabschieden, nach Haus fahren und den nächsten Urlaub buchen.
so wellig
so spritzig
so silbrig
so Meer!
so fischig
so algig
so muschlig
so Meer!
so dämmrig
so salzig
so kühl
so Meer!
so zischend
so riesig
unendlich
so Meer.
mehr!
Zögernd taucht die Frau einen Fuß ins Wasser. Es ist warm. Sie zieht den zweiten Fuß hinterher und bleibt stehen, als ob man sie bei etwas Verbotenem ertappt hätte. Darf sich etwas so kindisches so gut anfühlen? Mit den Füßen im Wasser plantschen wie ein fünfjähriges Kind?
Probeweise geht sie einen Schritt. Der Sand unter den Fußsohlen ist weich. Das Wasser umspielt lockend ihre Knöchel. Sie macht noch einen Schritt. Und noch einen. Es fühlt sich verboten gut an. Schnell schaut sie nach links und rechts. Niemand da, der sie kennen könnte. Wagemutig läuft sie tiefer ins Wasser, gräbt die Zehen in den Sand, spritzt mit dem Wasser, bis es gegen ihre Oberschenkel platscht.
Mit jedem Schritt wird sie jünger, die Jahre fallen von ihr ab wie Blätterteigkrümel von einem Croissant, sie lacht laut auf, bis ihr bewusst wird, dass sie gerade fünf Jahre alt ist, mit dem Wissen einer fünfzig Jahre älteren Frau im Rücken.
Erschrocken schlägt sie die Hand vor den Mund, um ihr Lachen einzufangen. Sie dreht sich um und watet so schnell zurück, wie es ihr einigermaßen würdevoll möglich ist. Mit jedem Meter zurück wird sie wieder älter. Im Strandkorb schlägt sie keuchend die Augen zu und schüttelt sich.
Aber es ist zu spät. Ihr Körper erinnert sich, wie gut die Erde sich früher angefühlt hat, die Sonne, das Gras, der Schlamm, und wie sie miteinander gesprochen haben.
Ihr Körper will zurück. Und er wird keine Ruhe geben.
Wasserhände ziehen
so leicht die Angst
das Meer lacht
ich atme langsamer
werde gewogen
schwebe
zwei Verse halten meine Haut
genug Salz überall
zwischen gelösten Fingern
Durst ist Mut
du kannst
Gestern waren Marie und ihre Schwester Lea Fische, sie sind schneller als der schnellste Meeresfisch durch das Wasser getaucht, und sie haben einen Schatz gefunden, aber das war gestern.
Heute ist Marie ein Pferd. Sie streift sich das Halfter über und ihre Schwester Lea nimmt das Ende der langen Leine in die Hand. Sie schüttelt es prüfend und ruft „Hüah!“
Marie wirft ihre lange Mähne nach hinten und bäumt sich auf. Sie ist ein wunderschönes Pferd mit glänzendem braunem Fell, sie hat schwarze Hufe, mit denen sie die härtesten Muscheln zerstampfen kann und sie ist schneller als der Wind! Sie ist so schnell, dass ihre Mähne wie eine Fahne im Sturm flattert und ihrer Schwester die Leine aus der Hand gerissen wird. Lea fällt spritzend ins flache Wasser. Als sie lachend und prustend wieder auftaucht, umrundet Marie sie übermütig und stampft mit den Hufen ins Wasser, dass es nur so spritzt. Gnädig lässt sie zu, dass Lea die Leine wiederfindet und in die Hand nimmt, dann galoppieren sie beide über die Meeresbodenkoppel, und als Marie mit einem Riesensprung ins tiefere Wasser hüpft, stellt sie fest, dass sie ein Meerespferd ist.
Krabben flüchten sechsbeinig vor ihren harten Hufen und ein paar Quallen schweben geringschätzig murrend an ihr vorbei – wie man nur so einen Krach machen kann!
Lea interessiert das nicht, sie schreit so laut „Hüah!!“, dass ein paar Luftblasen aus ihrer Nase kullern und nach oben zur Wasseroberfläche tanzen. Marie galoppiert los. Sie ist ein Hai mit Pferdemähne, ein Delphin mit braunem Fell, und hinter ihr entsteht eine Spur aus winzig kleinen Luftbläschen im Wasser, die eilig nach oben trudeln und silbrig glänzen.
Vor ihr taucht ein Mann auf, der ein halber Wal ist, sein Bauch glänzt rund und rosig, er winkt ihr freundlich zu und taucht dann mit einem einzigen gemütlichen Flossenschlag ab. Marie vertreibt ein paar lästige Heringe mit ihrem Schweif und sieht neugierig nach vorn. Der Leuchtturm von Neuwerk steckt wie eine Riesenstecknadel im Meeresboden fest und verhindert, dass die Insel davon schwimmt.
Der Meeresboden ist weich und elastisch unter Maries Hufen, sie könnte ewig so weitergaloppieren. Sie dreht sich um zu Lea. Die lacht und ruft blubbernd: „Helgoland?“
Marie wiehert begeistert. Die beste Schwester der Welt! Zusammen traben sie los, das Wasser ist warm, der Boden ist weich und am Horizont warten Nessi und eine Schule Flamingofische mit glänzenden grünen Schuppen auf sie.