Haben Sie schon mal den ganzen Tag lang sehnsüchtig auf ein Paket gewartet? Nein? Ha! Dann haben Sie keine Ahnung, was alles tagsüber in Ihrer Straße passiert. Ich schon, und zwar seit heute. Vor zehn Tagen habe ich eine Tapete bestellt, gedacht für eine Renovierung. Da dachte ich noch, ich wäre super in der Zeit, Lieferzeit sieben Tage ab Annahme der Bestellung, aber das war wohl nichts: Angenommen wurde die Bestellung erst drei Tage später, und dann habe ich auch noch das Kleingedruckte übersehen: Sieben WERKtage. Und so habe ich dann zwangsweise einfach schon mal angefangen mit dem Renovieren, Schränke ausräumen, Möbel von der Wand rücken, Folie auslegen, abkleben, abkleben, abkleben, und streichen. Und jetzt sitze ich hier und warte.
Es sind zwölf Grad draußen, aber ich habe permanent das Fenster auf Kipp, um ja nicht zu überhören, ob sich eventuell ein Lieferwagen nähert. Eigentlich ist meine Straße keine Durchgangsstraße, und mir war bisher nicht bewusst, wieviele Autos hier trotzdem lang fahren. Und bremsen. Und anhalten. Und wieviele Leute aussteigen, mit den Türen klappern, die Kofferraumtür öffnen und wieder zufallen lassen. Anfangs dachte ich noch jedes Mal: Jetzt! Aber dann war es doch wieder nur ein Handwerker oder eine Einkäuferin oder jemand, der einfach so irgendwohin fährt und dabei jede Menge Gepäck im Kofferaum verstaut. Ich weiß jetzt außerdem, dass meine Nachbarn von gegenüber gern auf dem Bürgersteig stehen, rauchen und ein Schwätzchen halten, jede Stunde einmal. Und mir war nicht klar, wie viele Menschen mit Hunden es gibt, die zu jeder beliebigen Tageszeit Gassi gehen. Gestern dann der Gipfel der Gemeinheit: Da hielt der gelbe Lieferwagen vor meinem Haus, ich dachte, ja! Juchu! Und dann fuhr er wieder an und hielt zwei Häuser weiter.
Selten habe ich so sehnsüchtig auf jemanden gewartet wie auf diesen Paketmann. Vermutlich werde ich eine Fanfare hören und Feuerwerk sehen, wenn er dann tatsächlich endlich vor meinem Haus stehenbleibt und auch noch aussteigt.