Mein Regenschirm

Mein Regenschirm ist ein echter Regenschirm.
Nicht wie all die anderen, die nur so tun als ob. Wenn ich meinen Regenschirm aufspanne, tut er das, was ein echter Regenschirm tun soll: Er beginnt zu regnen. Er lässt sanften, gleichmäßigen Sommerregen auf mich heruntertropfen, so, wie es sein soll.
Keine Ahnung, wie all die anderen es im Sommer mit diesen unechten Regenschirmen aushalten. Was tun sie nur, wenn es richtig warm wird? Wenn ich mit meinem Regenschirm lange genug auf einer Stelle stehe, wachsen dort ein paar Tage später Löwenzähne oder Tomaten. Manchmal auch Disteln, aber so ist das eben.
Ich liebe meinen Regenschirm. Um nichts in der Welt würde ich ihn hergeben.

Augustregen am Sonntagmorgen

  • zartes Glucksen in der Regenrinne
  • Gummistiefel mit Blumenmuster sind unterwegs
  • meine Topfpflanzen nehmen ein erfrischendes Bad auf dem Balkon
  • der Bürgersteig verliert seine Krähenmarkierungen und glänzt frisch poliert
  • anregender Regenduft in der frisch gewaschenen Wäsche
  • keine zwingenden Spaziergangsnotwendigkeiten in Sicht
  • die Tauben fliegen schnell und senkrecht
  • unerwartet hohe Regenwurmausbeuten bei den Amseln
  • singende Vögel im Regenrauschen
  • zufriedene vormittägliche Stille

🙂 Schön war dieser Morgen!

Sommerregen

Sommerregen fällt und küßt auf seinem Weg Blätter, Blüten, Halme, Erde.
Sanft, so sanft streichelt er die durstigen Stellen und gibt.
Selbst der Asphalt verliert sein Grau und bekommt ein tiefschwarzes, glänzendes Kleid.

Sommerregen fällt und küßt auf seinem Weg mein Haar, meine Wangen, meine Schultern.
Mein Gesicht streckt sich ihm entgegen.
Ich ziehe Gummistiefel an oder aus, zum Pfützenspringen.
Selbst der traurigste Moment lächelt ein wenig.

Sommerregen fällt und küßt auf seinem Weg die Zerbrochenen, die Gefallenen und die Schuldigen.
Er küßt sie alle, ohne Unterschied.
Seine Geste mütterlich, sein Arm auf allen Schultern und ein warmer Tropfen fällt ins Herz.
Selbst die trockenste Scholle wird weich.

Hoffnung ist wie Sommerregen.

Ein Beitrag von: © Dagmar Wegener (September 2017).