Kiefernglanz

Kiefernglanz

jetzt tanzen sie wieder
zu klirrend kalter Mondmusik
bauen frostige Lager
in Astgabeln
Flügelpaare leuchten
im blauen Licht
Nestbau zwischen Sternen
und Morgenglanz
der erste kleine Frühling
erwacht im Januarmond

Das war ein Beitrag zu den abc-Etüden und ein Beitrag zum dichtenden Dienstag! Jahreszeitlich nicht ganz passend, aber was soll man machen, wenn da „frostig“ als Vorgabe steht! 😊 Die Vorgaben für die Etüden siehe Bild, organisiert wird das ganze von Christiane – vielen Dank!

Winter

Heute hatte es zum ersten Mal nach Winter gerochen.
Seine weißen Schleier wehten in der Luft und kitzelten im Haar, und als sie auf meine Wangen trafen, hielt er erstaunt inne – so viel Wärme war in mir, dass seine Schleier sich sofort auflösten. Neugierig kam er näher, strich über mein Haar, tupfte kalte Punkte auf die Haut am Hals und umschloss kühl meine Hände, bis ich sie ihm entzog und in die Jackentaschen schob.
Zweifelnd zog er sich ein wenig zurück, unklar darüber, was für ein merkwürdiges Wesen ich wohl sei, so seltsam warm, dann wandte er sich neuen Dingen zu und zog seine eisige Schleppe sorglos mitten durch mich hindurch. Fröstelnd krümmte ich mich zusammen und lief schneller, um nach Haus ins Warme zu kommen.
Und doch… und doch war er so verlockend, roch nach frischem Schneegestöber, klaren Eisblumen, den ersten Schlittschuhspuren auf dem gefrorenen See, nach runzligen Winteräpfeln und Kiefernnadeln, so süß und kalt. Noch war er zurückhaltend, vorsichtig, jung. Später würde er strenger werden, manchmal sogar unerbittlich, aber heute war er die Versuchung selbst.
Es stand fest. Ab jetzt würde ich jeden Tag nach ihm Ausschau halten. Ich würde ihn finden und ihn tief einatmen, mit ihm spielen und Eisblumen pflücken, solange es möglich war.
Das Später würde früh genug kommen.

und dann träumst du

und dann träumst du
mit klarem Blick
Angefangenes
und Unvollendetes
Bruchstücke ordnen sich
zu etwas Anderem
es leuchtet
von innen heraus
ist warm in deiner Hand
du öffnest die Augen
die Nacht ist schwarz
auf deiner Zunge
der Geschmack
von Schnee und Silber

Mir war so nach einem kühlen Gedicht in all der Hitze, das trotzdem warm ist. Voilà! 😊

Der Dienstag dichtet!  
Katha kritzelt hat diese Aktion ins Leben gerufen: Dienstag ist Gedichtetag. Wer sich anschließen will, ist herzlich willkommen! Mit dabei sind:

Mutigerleben
Wortgeflumselkritzelkrams
Werner Kastens
Nachtwandlerin
Gedankenweberei
Erinnerungswerkstatt
Lebensbetrunken
Dein Poet
Geschichte/n mit Gott
Suses Buchtraum
Wortmann
Traumspruch
Lyrik trifft Poesie
Voller Worte

Winterepisode

Sie ahnte schlimmes, als sie ihre steifgefrorenen Fingerspitzen nicht mehr spürte. Trotzdem versuchte sie erst behutsam, dann nachdrücklicher, den Gurt zu lösen, der ihren Helm festhielt, ohne Erfolg. Sie betrachtete ihre nutzlosen Finger, während Kältetränen an ihren Wimpern gefroren. Leidenschaftslos erwog sie ihre Optionen. Wenn sie den Helm nicht vom Kopf bekam, konnte sie keine Maske aufsetzen, ohne Maske durfte sie nicht ins Gebäude, wenn sie nicht ins Gebäude kam, würden ihre Finger nicht warmwerden und ohne warme Finger würde sie den Helm nicht abnehmen können. Sie zuckte mit den Schultern und stieg wieder aufs Fahrrad. Einen Tag früher Weihnachtsferien war auch nicht schlecht.

Kleine Schönheiten

  • der PC mit (fast) unbegrenzten Möglichkeiten
  • freundliche Telefonate
  • kompetente Nothelfer
  • zoom-Treffen
  • Schlittenfahrer beobachten
  • selber Schlitten fahren
  • Puderzuckerschneewolken
  • verschneite Wälder und Felder
  • Schneemänner. Schneemänner! ♥
  • bei -5° draußen die Heizung anstellen können
  • Brot schneiden
  • Tee mit Holunderblütensirup
  • Schneeflocken zusehen
  • die bestellten Masken kommen tatsächlich an
  • das rosa Buch aus dem Schaufenster einfach kaufen
  • die kleine, grüne Götterspeise am Abend

Heute morgen

Heute morgen um halb acht
– Nase gekraust
weil von Kälte gepiekt –
hüpft eine Schneeflocke
eben auf diese.
Während ich nach oben seh
stirnrunzelnd und prüfend
betrachtend den Himmel
springt sie mir ins Gesicht!
ins finstre.
Spricht kein Wort
liegt einfach da
und ich steh still
und schaue
muß meine Augen verdrehn
um sie zu sehn.
In diesem Moment
kommt ein Kind
sieht mich und lacht.
Gegen meinen Willen
ehrlich! ganz ohne mein Tun
biegen nach oben
meine Mundwinkel sich sacht
(in Richtung der Flocke).
Der Himmel lacht
ich kann es hören
an diesem Morgen
durch graue Wolken hindurch.
Und ich, ich laß die Flocke schmelzen
auf meiner Nase
geh lächelnd meiner Wege
halb acht Uhr morgens
von Kälte umhüllt
mit Sonne gefüllt.

winter