Wo wohnt die Freiheit?

Meistens bin ich nicht voll und ganz in der Welt, sondern in Teilen. Die abwesenden Teile beschäftigen sich mit den grauweißen Wolken am Himmel, der Form der Regentropfen oder der Maus unter der Holzbank. Mein Leben schmeckt nach einer Mischung aus Erdbeer und Lakritz, mit einer Spur Spinnwebe. Manchmal sehe ich zwischen den Spinnweben den grauweißen Himmel, der über die Felder streichelt. Sie summen leise. Die Freiheit in all dem wohnt im Dazwischen, in den Spalten der Lakritzschnecken, unter den Erdbeerblättern und in den endlosen Pflanzreihen der Kartoffeln. Doch, wirklich. Wenn ich die Freiheit nicht finden kann, suche ich nach ihr, da bin ich ausdauernd. Die Freiheit ist schnell und wendig, aber ich habe Geduld und einen Käscher aus Spinnweben.

Wie schmeckt dein Leben?

Auf Reisen hat mein Leben manchmal ein Zitronen-Gurken-Aroma, mit einem Hauch Meersalz. Dabei habe ich nie Zitronen oder Gurken dabei, mein Koffer wäre gar nicht groß genug dafür. Trotzdem schwebt dieser Duft um mich herum, und das Meersalz prickelt scharf in der Nase. Die Sehnsucht reist immer mit, und sie träumt davon, auf dem Zitronen-Gurken-Aroma davon zu fliegen wie auf einem Zauberteppich, leicht und grün mit minzigen Flügeln. Sie würde in ein Land fliegen, in dem alles hell und ohne Gewicht ist, die Sonne würde dort über dem Wasser schweben und ihre Strahlen tief eintauchen lassen, bis sie mit abertausend Reflexionen auf dem Grund ankommt und die Welt dort unten aufleuchten lässt.
Wenn ich daher ein Zitronen-Gurken-Aroma schmecke und Meersalz in der Nase prickelt, lehne ich mich zurück und warte. Man kann nie wissen.


Ausgelesen: Die wundersamen Koffer des Monsieur Perle. Von Timothée de Fombelle.

Eine Fee, die sich unsterblich verliebt, dafür ihren Zauber aufgibt und ihren Geliebten trotzdem verliert – was für ein Buchauftakt. Allein die ersten 15 Seiten des Buches sind schon herzzerreissend. Und es folgen noch 314 weitere traumhafte Seiten bis zum Ende, das den Leser sprachlos zurücklässt. Was für ein wunderbares Buch!

Allerdings muss man den Schreibstil von Timothée de Fombelle mögen. Traumverhangen, melancholisch, manchmal rätselhaft und sehr französisch, was durch jede Zeile der hervorragenden Übersetzung von Tobias Scheffel und Sabine Grebing hindurch schimmert. Die Sätze scheinen zu tanzen, der Autor nimmt einen mit hinein in seine poetische, zauberhafte Welt, und selbst wenn er seinen Ich-Erzähler in unserer Gegenwart leben lässt, schimmert doch immer wieder das Licht seiner Parallelwelt zwischen den Zeilen auf. Es gab ein paar kleine Längen, im ersten Drittel musste ich mich ab und zu zusammenreißen, um weiterzulesen, aber als ich die ersten Zusammenhänge begriffen hatte, war das vorüber. Zum Schluss hin brauchte ich Taschentücher und blieb berührt zurück.

Das Buch handelt von einer großen, unsterblichen Liebe, dem sich treu bleiben obwohl man ohne eigenes Verschulden getrennt wurde, dem immer-weitermachen, obwohl es hoffnungslos erscheint und dem ausharren, obwohl alles dagegen spricht. Der Autor bindet Märchenelemente mit ein und wandelt sie ab in etwas Neues, als Leser schwebt man ständig zwischen „oh, kenne ich“ und „nein, kenne ich doch nicht“, und irgendwann ist es egal, ob man etwas wiedererkennt oder nicht, dann hat einen das Buch nämlich sanft gefangengenommen.

Ich war von dem Zweiteiler „Tobie Lolness“ vom selben Autor ebenfalls sehr angetan (großartige Bücher! Sehr, sehr großartige Bücher!!), das war nun das dritte, das ich von ihm gelesen habe. Und es wird auf keinen Fall das letzte gewesen sein!

ich freu mich

ich freu mich

mit einem RUMMS!
bin ich vorm platzen
voll mit glück
das rumpelt und hüpft
glubbert und zischt

das rinnt an mir hinauf und hinab
honigduftend
schmeichelwarm

innen durchglüht es
schokogolden
feuerzangenheiß
singend und knisternd
meinen seelenhain

breit macht sich das glück
schlägt kleine gänsehautwellen
in meinen bauchnabel
wallt in den haaren
kitzelt langfingrig
allüberüberall

in goldenem glirren
mit einem kichern löst es sich auf
lässt mich zurück
schlackrig
mit flattrigem haar
im nächsten atemzug
ein mundvoll goldstaub

ich freu mich