Künstler

Ich betrachte mein Bild und bin unzufrieden. Die Farben sind ganz ok. Aber sonst? Ich gucke die Originale an. Sie sind perfekt. Ich stütze mein Kinn in die Hand und schiele zu Gott rüber. „Und? Gefällt´s dir?“ frage ich.
„Sehr gut.“ Er nimmt mein Bild in die Hand. „Man sieht sofort, dass es ein Birkenblatt ist. Die Adern hast du gut hingekriegt. Und es leuchtet.“ Er lächelt.
Ich bin skeptisch. Die Originale liegen überall neben uns herum oder fallen gerade vom Baum. Jedes einzelne ist besser als meins. „Hm“, sage ich.
„Doch! Ich hab gesehen, wie viel Zeit und Überlegung du hineingesteckt hast! Es ist doch für mich, oder?“ Er klingt hoffnungsvoll.
„Wenn du es wirklich haben willst“, sage ich, „du hast doch jede Menge besserer Blätter hier.“
Gott piekst mit seinem Zeigefinger auf mein Blatt. „Es kommt nicht immer auf Perfektion an“, sagt er, „manchmal ist es wichtiger, warum du es tust, oder für wen.“
„Na dann“, sage ich, „bitteschön. Ein Geschenk von mir für dich.“ Dann füge ich noch hinzu: „Du kannst ganz schön einschüchternd sein, weißt du das?“
Ein perfektes, gelbes Blatt landet auf seiner Schulter. Er wischt es weg und nimmt meine Zeichnung in die Hand. „Ich weiß“, sagt er und fährt mit dem Finger die Umrisse entlang.
Ich bin ein bisschen stolz. Doch, das Gelb habe ich ganz gut hinbekommen.

Ich halt die Luft an

(Engelsmonolog)

„Ich halt die Luft an, bis alles wieder stimmt? Komischer Liedtitel, aber für mich kein Problem: Atmen ist für mich wie essen, man kann, muss aber nicht. Die Frage ist doch eher, wie lange willst du die Luft anhalten? Zu lange dürfte ungesund sein, und bis alles stimmt? Meiner Erfahrung nach stimmt selten alles. Vieles vielleicht, aber alles? Perfekt bin nicht mal ich, und ich muss es wissen. Was suchst du? Eine Vorstellung? Den goldenen Schnitt? Im Leben ist der Schnitt selten golden, eher blau. Oder ein bisschen krumm. Ich rede dir nicht rein, keine Sorge! Such ruhig weiter, das kann ja auch sehr spannend sein, wie Ostereiersuchen. Es muss sie vorher nur jemand verstecken. Was, wenn niemand die Eier versteckt? Und du suchst und suchst? Ich sags ja nur.“

Ausgelesen: Flawed und Perfekt. Von Cecelia Ahern.

Hier haben wir also die ersten zwei All-Age Bücher von Cecelia Ahern, und mir geht es wie schon öfter mit ihren Büchern: Eigentlich ok, aber irgendwie ist da ein Haken, der es eben nicht perfekt sein lässt. Im Grunde also genau das, was sie uns in den Büchern mitteilen will – oder?

Die Heldin der beiden Romane, Celestine North, lebt in einer dystopischen Welt, in der man ganz genau die Regeln befolgen muss, wenn man einigermaßen in Frieden leben will. Moralische Verfehlungen oder Fehlentscheidungen können einen die gesellschaftliche Stellung kosten, man wird geächtet und aus der Gesellschaft ausgestoßen. Man bekommt einen Aufpasser zugeteilt, darf nur noch niedrige Arbeit verrichten und nur sehr einfaches Essen zu sich nehmen. In öffentlichen Verkehrsmitteln gibt es spezielle Sitzplätze für die Ausgestossenen. Celestine lebt auf der Sonnenseite des Lebens, sie sieht gut aus, kommt aus der richtigen Familie, hat als Freund den Sohn eines hohen Richters des Staates und ist auch in der Schule gut. Dann begeht sie einen „Fehler“ – sie hilft einem der Geächteten in der Öffentlichkeit, und damit beginnt die Geschichte.

Leider hat sich mir die Welt und das dahinterliegende System nicht erschlossen, ich fand es unlogisch und sehr lückenhaft. Wenn man ein klein wenig über die Zusammenhänge nachdenkt, passt so einiges nicht zusammen. Ich vermute, Cecelia Ahern wollte die Welt durchaus fehlerhaft darstellen, sie aber in den Augen von Celestine anfangs perfekt erscheinen lassen, um sie dann nach und nach zu demontieren. Das ist ihr leider nicht gelungen. Auch Celestine ist in sich weder logisch noch schlüssig aufgebaut, sie verhält sich teilweise sehr seltsam, vor allem, da sie als klug und logisch denkend geschildert wird, sich aber nicht so verhält. Bis auf die Hauptperson kommt einem keine der anderen Figuren nahe, alles bleibt seltsam distanziert, und selbst die Hauptperson bleibt bruchstückhaft, da sie sich in einer nicht zu ihr passenden Welt bewegt.

Das ist alles ärgerlich und vor allem schade, denn die Autorin kann ja schreiben – sogar sehr gut. Der Schreibstil ist flüssig, gut lesbar und wenn das ganze etwas besser durchdacht wäre, hätten wir hier zwei wirklich gute Bücher mit einer interessanten Aussage zu Perfektion und Unterdrückung haben können. So aber liest man sie und vergisst sie gleich wieder – es gibt besseres. Ich wage hier noch nicht mal, auch nur einen klitzekleinen Vergleich zur Tribute von Panem-Trilogie zu machen – diese Bücher sind wirklich meilenweit voneinander entfernt. Die Panem-Bücher würde ich jederzeit zu Unterrichtszwecken in Schulen empfehlen, die Flawed/Perfekt Bücher dagegen würde ich nur eingefleischten Viellesern empfehlen – denen macht es nichts, auch mal nicht so perfektes zu lesen.

24. Dezember, Heiligabend, 24. Päckchen (und das 25. Päckchen natürlich auch!)

Heute ist Heiligabend. Als ich meinen Baum vorgestern aufstellen wollte, ging der Tannenbaumständer kaputt. Ich bin dann wild durch die Gegend gefahren, um einen neuen zu bekommen, denn Weihnachten ohne Baum – nein. Nach erfolgreichem Kauf (hurra!) gab es dann gestern eine Stelle am Baum, die sich nicht schmücken ließ, da war eine kleine Gegend zwischen dem zweiten Ast von unten, gleich neben dem dritten Ast links, die ließ sich nicht hübsch machen.

Und da habe ich beschlossen, es muss auch nicht alles perfekt sein. Ist es sonst ja auch nicht. Warum also heute? Die Stelle bleibt, wie sie ist. Sie erinnert mich daran, dass ich Perfektionist bin, die Perfektion nie erreiche und das Leben trotzdem schön ist. Der ganze Baum hängt voller wunderbarer, alter Christbaumkugeln, die Lichter leuchten und ein paar Geschenke von lieben Leuten hängen auch in den Ästen. Und die nicht perfekte Stelle ist auch da. So soll es sein.

Das heutige Päckchen ist sehr hübsch verpackt und ich habe auf Marmelade getippt und komplett falsch gelegen:

Ich hatte noch nie eine eigene Krippe – jetzt schon! Und sie bleibt in meiner Küche auf dem Esstisch stehen, damit ich sie immer im Blick habe. So schön. Vielen Dank!

Ein 25. Päckchen gab es auch noch, jede Teilnehmerin hat ihr eigenes für das fünfundzwanzigste eingetauscht, und meins war schon am 3. Dezember dran. Da konnte ich es natürlich noch nicht zeigen – aber jetzt:

Gefilzte Weihnachtsanhänger! Die hier hat mir ganz besonders gut gefallen:

Vielen Dank an alle Frauen, die an diesem ganz besonderen Adventskalender teilgenommen haben, ihr habt mir die Adventszeit dieses Jahr zu etwas Wunderbarem gemacht. Ich wünsche allen und auch allen anderen Lesern hier fröhliche Weihnachten!