Was ist des Lebens Ruf an dich?

Ich bin mir nicht sicher, ich konnte ihn noch nie verstehen, er ist schrecklich heiser und hustet die ganze Zeit. Von Zeit zu Zeit mache ich ihm einen Kamillentee und ermahne ihn zu inhalieren, aber er sieht mich immer nur aufgebracht mit rollenden Augen an, klopft mit den Knöcheln auf den Tisch und versucht, etwas zu brüllen, aber es kommt nichts, dann muss er husten, und schließlich geht er mit hängenden Schultern davon. Ich sehe ihm dann mitleidig hinterher. Ein Lebensruf ohne Stimme zu sein, muss schrecklich deprimierend sein.

Erkenntnisse einer Pilgerin

Fliegen verscheuchen. Eine Bremse erschlagen. Spitze Steine aus den Schuhen schütteln. Meine Erkenntnisse gerade jetzt im Moment sind eher aggressiver Natur. Der Weg ist das Ziel? Aha. Aktuell ist der Weg von mannshohen Maisfeldern gesäumt und das Ziel etwas öde.

Positiv denken, ermahne ich mich streng und stolpere prompt mit meinen pilgerungeeigneten Schuhen in eine tiefe Spurrille. Schon wieder stehe ich mit schlackernden Fußbewegungen zwischen zwei Maisfeldern und sehe aus wie eine Volkshochschulteilnehmerin im Kurs „Achtsames Tanzen“, Teil 1.

Die Sonne brennt. Schweiß läuft in meinen Nacken. Die Fliegen freut´s, ich finde es eher suboptimal. Tapfer laufe ich weiter. Da! Ein Fluß! Wie schön! Es gibt leider nur Bodensitzgelegenheiten, also lasse ich mich nieder und mache die Bekanntschaft der Bewohner dieses Ortes, zahllosen kleinen Raupen.

Etwas später kommt eine forsche Spaziergängerin mit Hund vorbei, die mich fragt, was um Himmelswillen ich da machen würde? Da hinten hätte auch schon eine mitten im Stoppelfeld gesessen? Ich erkläre ihr stolz „schreiben!“, sie schnauft, rennt mit ihrem Hund weiter und ruft mir über die Schulter zu: „Und ich dachte, ich hätte mir jetzt ein schönes, selbstgemaltes Bild ansehen können!“

Der Rest des Tages war dann doch noch ganz nett. Abgesehen von Insekten gab es noch einen Graureiher, Schwalben und einen Eisvogel. Und zwei Paddler, die fast in den Seerosen gekentert wären. Selbstverständlich wäre ich ihnen sofort zu Hilfe geeilt, nachdem ich die kleine Begebenheit aufgeschrieben hätte. Eine Pilgerin tut so etwas, selbst dann, wenn sie gerade von Stechfliegen fast umgebracht wird.

Eine sogenannte fiese Stechfliege – sieht harmlos aus, piekst einen aber andauernd.