Ausgelesen: Die Verlobten des Winters. Von Christelle Dabos.

Dieses Buch habe ich geschenkt bekommen und gern gelesen. Es ist ein schöner Fantasyroman um eine junge Frau mit besonderen Fähigkeiten (was auch sonst?), die ihre Heimat aus familiären Gründen verlassen muss: Die Matriarchinnen ihres Clans beschließen, dass sie den Adligen Thorn auf einer anderen Welt heiraten soll – warum, wird ihr nicht gesagt. Soweit, so gut. Die gewiefte Fantasy-Leserin weiß, was nun vermutlich kommen wird: Junge Frau mit besonderen Fähigkeiten muss ihr Zuhause verlassen, gerät in Gefahr, verliebt sich, wird abgewiesen und versagt, beweist ihre Fähigkeiten dann doch und der Geliebte liebt sie, hurra!, Happy End. Tja, Überraschung, so läuft es in diesem Buch nicht. Also zumindest in Band eins noch nicht.

Ophelia, die Heldin, ist ein kleines bisschen komplizierter als die durchschnittliche Fantasy-Heldin und macht es weder sich noch Thorn noch den gut- oder schlechtgesonnenen Menschen um sie herum leicht. Was das Buch aber vor allem sehr, sehr besonders macht, sind die verschiedenen Archen, auf denen die Menschen durch den leeren Raum schweben. Sie sind höchst interessant geschrieben, überraschen einen immer wieder und machen Lust auf mehr Entdeckungen in dieser Welt.

Thorn, der männliche Held in diesem Buch, ist ein ziemlich sonderbarer Held, so ganz und gar nicht romantisch schillernd, sondern eher, äh, speziell, wenn man das so sagen darf. Spleenig ist ein Begriff, der mir spontan einfällt. Gute Eigenschaften und eine geheimnisvolle Geschichte hat er natürlich auch, wie ein Held sie eben haben muss in einem solchen Roman.

Es macht Freude, sich in diesem Universum aufzuhalten und neues zu entdecken, und so ganz nebenbei möchte man natürlich auch wissen, wie es weitergeht! Die Geschichte ist nämlich sowas von nicht abgeschlossen, aber hallo! Damit man weiß, wie es weitergeht, muss man Band 2 und vermutlich auch noch Band 3 und Band 4 kaufen. Oder ausleihen, wie es die kluge Bibliotheksnutzerin macht.

Ein Manko habe ich. Auf dem Einband steht wie auf so vielen Büchern eine dieser schnell geschriebenen Empfehlungen, die mich von Zeit zu Zeit doch sehr wundern: „Auf Anhieb ein Klassiker“, „beschwört den Humor und den Gerechtigkeitssinn von Harry Potter“ und so weiter. Hm. Da bin ich mir nicht so sicher. Das Buch ragt auf jeden Fall aus der Vielzahl der Fantasy-Veröffentlichungen heraus, keine Frage, es ist originell, gut geschrieben und nicht so vorhersehbar wie viele andere. Ob es wirklich ein Klassiker wird? Und zu vergleichen mit Harry Potter ist es auf keinen Fall, dafür sind die Bücher viel zu unterschiedlich in Stimmung, Schreibstil, Geschichte, eigentlich in allem, was mir so einfällt.

Für diese leicht skurrilen Einbandweissagungen kann das Buch aber nichts. Es steht für sich selbst, und das tut es: Ein sehr eigenes, unverwechselbares, abgedrehtes Märchen in einer verwunschenen Welt. Gern mehr davon!