Gott sticht mit der Gabel vorsichtig in die Zitronentorte und angelt nach einem Stückchen Amalfizitrone, die so schön sauer ist zwischen all der Süße. Die Berge zu machen war gut und notwendig, keine Frage, aber jetzt muss noch etwas mit dem Wasser passieren. Es müsste größere Stellen geben, an denen es sich sammeln und ausruhen kann, denkt Gott, immer unterwegs sein kann ja niemand. Jeder braucht Pausen. Ich nicht, flüstert der Heilige Geist und weht, wohin er will. Aber ich, brummt Gott und überlegt, ob er einen Ruhetag einführen sollte.
Während er über den Wassern schwebt, denkt Gott an Tiefe. Wasser müsste tief sein dürfen, ruhig und klar, und nicht zu warm. Die Oberfläche müsste weit sein, damit kleine Wellen entstehen können und damit die Sonne Kringel darauf malen kann. Während er denkt, wirft die Erde sich ihm zu Füßen und bildet einen tiefen Krater. Der nahe Fluss stürzt sich ohne Nachdenken hinein und Gott stupst seine Fingerkuppen aneinander und lächelt. Ein See! Das ist es.
Als Gott angefangen hat, kann er nicht wieder aufhören. Er macht große Seen, kleine Tümpel und solche, die fast so groß sind wie das Meer. Am liebsten würde er überall Seen haben, aber das geht nicht, das wäre ja schon wieder langweilig, also lässt er es und verstreut stattdessen Mangrovenwälder an den Küsten, füllt ein paar Vulkankrater und streut Quellen wie Konfetti über das Land. Wasser ist Leben, denkt er, und es ist wie das Leben, quecksilbrig, immer in Bewegung, aber auch immer bereit, zur Ruhe zu kommen, wenn man es lässt.
Gott sitzt am See und atmet tief ein. Hier kann man ausruhen. Die Dinge der Welt sammeln sich über der weiten Fläche und ordnen sich neu. Der Heilige Geist hat genug Platz, und überhaupt, es ist Platz über dem See! Nichts, was das Auge aufhält, nur die Ufer. Das Wasser mischt sich neu, strömt umeinander, bevor es den See wieder verlässt, bereit zu neuen Taten. Wunderbar, denkt Gott, so ist es gut, aber der Luft fehlt etwas, und das Wasser fühlt sich allein. Vielleicht sollte ich etwas machen, das fliegen kann? Wie ich?, flüstert der heilige Geist. Gott nickt. Auf jeden Fall. Und etwas, das schwimmen kann. Und danach machen wir Menschen, sagt Gott in die Luft. Die Worte prickeln wie Brausepulver.

wunderschön!
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Dankeschön!
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und dann machte er Seen … Was für eine feine Geschichte!
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Mir gefällt der Gedanke, mein persönlicher Lieblingssee wäre ein Lieblingsgedanke Gottes… 🙂
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Wunderbar, wie schön!
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Dankeschön! 🙂
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Dann braucht die Woche wohl in Zukunft zwei Tage mehr: Einen für die Seen und einen für die Zitronentorte…
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Das mit der Zitronentorte unterstütze ich sofort! Soll ich irgendwo eine Petition unterschreiben? 😊
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