Wie schmeckt das Leben gerade?

Das Leben schmeckt nach Müdigkeit und Sonne, nach glasklarem Himmel und eisigen Winden. Es schmeckt nach dumpfem Zuviel in den Knochen und endlosem Hunger nach Leben und nach Buntheit. Die Buntheit hält mich wach, sie fordert mich auf, komm und sieh! Es gibt soviel zu sehen. Blüten, Vögel, Aufbruch, Versprechungen überall. Die Buntheit zieht mich aus der Müdigkeit und lässt meine Knochen schlackern, sie malt Wolken in den blauesten aller blauen Himmel und lässt mich lila Blumen kaufen. Dabei tupft sie Schneeflocken auf meine Zunge und Honig, überschüttet mich mit Dohlen mit viel zu großen Zweigen in den Schnäbeln, während ich im sibirischen Wind stehe und fröstele. Sie lenkt meine Aufmerksamkeit auf die kleinen Blattknospen zwischen den Gitterstäben, die tapfer im Wind zittern. Das Leben schmeckt nach Überfluß und den Gedanken an andere, die zuwenig haben, und es schmeckt nach dem Wunsch nach immerwährendem Frieden auf Erden und überall. Im Nacken sticht die Gewissheit, dass es so wohl nicht sein wird, aber auf meiner Zunge liegt noch der Wunsch und kitzelt wie Brausepulver. Mein Leben schmeckt nach Bewunderung für diejenigen, die Aufbrechen und sich auf den Weg machen, um Frieden zu bringen und die die Gerechtigkeit und die Barmherzigkeit zum Leuchten bringen. Und im Abgang, ganz hinten im Rachen, da schmecke ich zwischen zartbitterer Müdigkeit Möglichkeiten. Sie duften nach Birne und Vanille und leuchten bunt. Da ist sie wieder, die Buntheit. Dem Himmel sei Dank für die Buntheit.

2 Gedanken zu „Wie schmeckt das Leben gerade?

  1. Liebe Tanja (?),
    irgendwoher hab ich diesen Namen im Kopf und hoffe, er ist richtig…
    Das ist eine sehr schöne Reflexion, die mich mitfühlen bzw. mitschmecken lässt. Danke, dass du so persönliche Sachen überhaupt teilst.
    Ich habe den Eindruck, dass dir so etwas, oder auch die tägliche Liste mit den schönen Dingen hilft, bei einem (von mir vermuteten) Ringen um Stabilität. Sollte ich da richtig liegen, wünsche ich dir von Herzen diese Stabilität, aber möglichst nicht auf Kosten der Buntheit. Es klingt so lebendig, wie du das bunte Leben schmeckst. In Dumpfheit und Starrheit liegt ja u.U. auch Stabilität. Ich meine aber eine, die die Unruhe der Buntheit willkommen heißen kann.
    Liebe Grüße,
    Stefan

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    • Lieber Stefan, ja, der Name ist richtig!
      Vielen Dank für deinen sehr netten Kommentar, der mich wirklich gefreut hat. 😊 Zu meinem großen Glück bin ich sehr stabil mit kleinen Zacken nach oben und unten, die aber die meisten wohl haben. Ich bin mir sehr bewusst, dass das ein großes Glück ist, denn ich kenne auch Menschen, bei denen das nicht so ist.
      Aufgrund der aktuellen Lage war es für mich notwendig, mich ein paarmal jeden Tag daran zu erinnern, dass es zwischen all den miesen Nachrichten immer kleine Schönheiten gibt, die untergehen, wenn ich sie mir nicht bewusst mache. Mit „was schön war“ denke ich tagsüber immer wieder: Das könntest du jetzt nehmen! Und so habe ich meistens drei Dinge, oft auch mehr, aus denen ich wählen kann. Das bereichert mein Leben. Ich kann es weiter empfehlen, es funktioniert. 😊
      Sehr bunte Grüße,
      Tanja

      Gefällt 1 Person

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