Wenn man die Tribute von Panem gelesen hat, ist man als Leserin natürlich verwöhnt, das muss ich zu Beginn einräumen. Geniale Story, tolle Welt, guter Schreibstil, man kann was lernen, überzeugende Charaktere: Jedes andere Buch hat es danach schwer.
So auch dieses Buch. Clay, ein 17jähriger Teenager, muss zusehen, wie sein 18jähriger Bruder geraubt wird. So nennen die Einwohner von Claysoot den Vorgang, der ihnen alle 18jährigen Männer nimmt, ein unentrinnbares Schicksal, wie es scheint. Niemand weiß, wohin sie verschwinden, wie auch überhaupt niemand weiß, wie es ausserhalb des Dorfes aussieht, denn es ist von einer unüberwindbaren, hohen Mauer umgeben. Wer versucht, sie zu überklettern, wird am nächsten Tag als verkohlte Leiche aufgefunden.
Soweit, sogut. Eine interessante Ausgangsperspektive. Raten wir mal, was als nächstes passiert. Clay versucht, über die Mauer zu kommen, hurra! Und überraschenderweise schafft er es ohne allzu große Schwierigkeiten. Hier dachte ich zum ersten Mal, was jetzt? Auf diesen Punkt hin ist doch die ganze Geschichte aufgebaut, sollte es nicht ein bisschen schwieriger sein, sie zu überwinden? Nein, anscheinend nicht. Und nun beginnen irre Wendungen, die Geschichte mäandert von Halbhöhepunkt zu Halbhöhepunkt, von denen jeder wirklich sehr gut hätte sein können, wenn er etwas entschlossener angegangen worden wäre. Aber immer, wenn es wirklich interessant werden könnte, flüchtet unser Hauptdarsteller an den nächsten Schauplatz. Dabei hat er Schablonenbegleiter, die nicht tiefgängiger sind als eine Pfütze. Als eine kleine Pfütze. Eine Ausnahme gibt es im Buch, die etwas mehr Hintergrund hat, aber da in diesem Buch selbst die Hauptperson nicht besonders tiefgängig ist, darf man nicht allzu viel erwarten.
Schade eigentlich. Die Grundidee war nicht übel, wurde aber leider nicht gut genutzt. Die Handlungsorte hatten nicht genug Zeit, sich zu entwickeln, die Charaktere bleiben an der Oberfläche. Dieses Buch ist nur etwas für Vielleser, für die es leider nicht genug Tribute-von-Panem-ähnliches gibt, oder für Leser, die nebenbei noch Fernsehen oder youtuben wollen, da fallen die Logiklöcher, von denen es auch ein paar gibt, nicht weiter auf. Ich habe nach zwei Dritteln aufgegeben und das letzte Drittel im Schnellverfahren durchgeblättert. Dabei sah der Einband vielversprechend aus. Tja. So kann es gehen.

„Dabei hat er Schablonenbegleiter, die nicht tiefgängiger sind als eine Pfütze. Als eine kleine Pfütze. “ …. was für eine grandiose Beschreibung😂👍 allein dafür hat sich doch alles gelohnt.
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😃 Ich muss zugeben, nachdem ich mich über das Buch geärgert hatte, war das Schreiben der Rezension ein Vergnügen.
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😉
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