Herr Miesling hat einen Alptraum
Herr Miesling erwacht mit einem erschreckten Laut. Sein Herz rast, orientierungslos blickt er um sich, bis sein Blick auf ein hellblaues Nachtlicht fällt. Erleichtert atmet er aus und lässt sich zurück aufs Kissen fallen. Nur ein Traum! Gottseidank. Er wischt sich den Schweiß von der Stirn und schliesst die Augen, als eine Frage in ihm auftaucht. Wieso hat er ein Nachtlicht in seinem Schlafzimmer? Er hatte noch nie ein Nachtlicht und schon gar nicht in seinem Schlafzimmer. Als er noch einmal hinguckt, sitzt sein Engel schwach hellblau leuchtend auf dem Stuhl, auf den er immer seine Hosen und alten Socken wirft. Sein Engel zieht ohne mit der Wimper zu zucken ein ganzes Bündel von alten Socken unter sich hervor und lässt sie zu Boden fallen.
„Tschuldigung“, sagt Herr Miesling. „Duften bestimmt nicht gerade lieblich, was?“
Sein Engel schüttelt den Kopf.
„Was machste hier? Haste kein Zuhause?“
Sein Engel deutet auf Herrn Miesling, dann auf sich, dann wieder auf Herrn Miesling.
„Ach“, sagt Herr Miesling. „Tja dann… vielen Dank. Ich hasse es, nach so ´nem Alptraum im Dunkeln aufzuwachen.“
Sein Engel nickt.
„Was machen wir jetzt?“ fragt Herr Miesling. „Du kannst da nicht die ganze Nacht sitzenbleiben. Ist doch unbequem.“
Sein Engel zuckt mit den Schultern.
„Nene“, sagt Herr Miesling, „jetzt mach´ma keinen auf einsamer Held und so. Ich hab ´ne Idee. Wir teilen. Du kriegst die eine Hälfte vom Bett, ich die andere. Los, komm!“
Sein Engel guckt zweifelnd, aber Herr Miesling ist unerbittlich. Schließlich liegen sie nebeneinander, die Bettdecke leuchtet zartblau von innen und schwebt auf der Seite seines Engels leicht über der Matratze.
„Prima.“ Herr Miesling ist zufrieden. „Also dann, gute Nacht.“
Sein Engel guckt, als ob die Nacht für ihn eher unentspannt werden würde.
Aber als Herr Miesling anfängt, sanft zu schnarchen, lächelt er himmelblau.

Das war ein Beitrag für die abc.etüden: 3 Begriffe, maximal 300 Wörter. Die Worte stammen dieses Mal von Kain Schreiber mit seinem Blog Gedankenflut. Sie lauten: Nachtlicht, lieblich, teilen. Organisiert wie immer von Christiane: Vielen Dank! (und gerade noch so eben reingerutscht in die Zweiwochenfrist 🙂 )
oh wie süß!
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Und das kommt alles nur von DEINEM Wort: Lieblich! Was das alles auslöst… 🙂
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das mag ich sehr!
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🙂
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Reizend!!! Echt so schön und erfrischend der entspannte Umgang mit einem heiligen Wesen … ob meiner auch manchmal an meinem Bett sitzt und ich ihn nur nicht sehe, weil ich kein Nachtlicht habe?
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Wer weiß, wer weiß… 🙂
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Ich könnte mich eindeutig auch in Herrn Miesling verlieben. 😉
Und die Idee einer zarthellblau leuchtenden Bettdecke ist so unglaublich schön, dass ich mich vor Begeisterung gar nicht mehr einkriege. ALLERDINGS hätte ich Einwände gegen das Schweben (da kommt kalte Luft rein, und zwar per Definition, auch bei 30 Grad im Schatten), da müsste ich mit meinem Engel Rücksprache halten … aber vielleicht sind Männer diesbezüglich unempfindlicher.
Vielen, vielen Dank! 😀
Abendgrüße … 🙂
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Ja, ich hatte heute auch so Verliebtheitsanflüge… 🙂 und wegen der kalten Luft: Herrn Miesling ist es sowieso immer zu warm, er hat´s lieber kühl. Vielleicht wirken Engel ja auch irgendwie temperierend, wer weiß das schon… 🙂
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Hach😍
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Nicht?? Ich persönlich finde ja, die Frauenwelt hat bisher was verpasst an Herrn Miesling 🙂
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Wie putzig. 💕 So ein Engel im Bett kann auch praktisch sein. Der verscheucht sicherlich die Albträume.
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Das will ich doch hoffen! 🙂
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Ein himmelblaues Lächeln…
schön
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🙂
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Da ich gersten eh um meinen Beitrag zu illustrieren die Fotos, die ich für die Auszubildenden habe, hätte ich dir fast das Bild eines Babys im zartblau leuchtenden Bettchen geschickt (zur Therapie der Neugeborenengelbsucht), war mit dann aber aus Datenschutzgründen zu heikel. Frag bei Bedarf deine Suchmaschine nach Phototherapie bei Neugeborenen.
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Hab ich getan – da gibt es Ähnlichkeiten… 🙂 vielen Dank für den Hinweis!
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Deine Geschichte zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Schön.
Liebe Grüße
Ulli
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So sollte es sein. Das freut mich! 🙂
Liebe Grüße zurück…
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Zauberschön … *lächel*
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🙂
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Pingback: Schreibeinladung für die Textwochen 47.48.20 | Wortspende von Café Weltenall | Irgendwas ist immer
Naja – nachdem es ein Der-Engel (Hallo Rene ;-)) war, verstehe ich dessen Unruhe. Wahrscheinlich ginge es ihr ähnlich, wärest du Herr Miesling und hättest eine Die-Engel eingeladen, dein Bett zu teilen – wenn wir jetzt mal davon ausgehen, daß Engel beiderlei Geschlechts nicht das eigene anziehender finden.
Interessant fände ich in jedem Fall zu wissen, was Herr Miesling dazu sagt, daß er Herr Miesling genannt wird. Und Mein-Gott: ein himmelblaues Lächeln hier auf Erden ? … immerhin kein Alptraum, dünket mir … 😉
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Ach, über solche Kleinigkeiten macht Herr Miesling sich keinerlei Gedanken. Damit muss sein Engel klarkommen, aber ich glaube, er hatte auch eher ein Unwohlsein in Richtung Arbeitsethik – stets zur Stelle, wer rastet, der rostet und so. Mit letzter Sicherheit kann ich es auch nicht sagen, ich bin da nicht eingeweiht.
Und: Herr Miesling hat keinerlei Probleme mit seinem Namen, ist er doch der Name seiner Mutter, Gotthabsieselig, da steht er zu, jawoll.
🙂
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So erfrischend geschrieben!
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🙂
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