Fräulein Honigohr isst ein grünes Macaron, als jemand ans Fenster klopft. Im dritten Stock ist das merkwürdig, aber sie ist einiges gewohnt. Neugierig öffnet sie einen Fensterflügel. Außen an der Wand klebt ein Teppich. Seine Fransen flattern im Wind, in einer Ecke hält er etwas Unförmiges fest.
„Was, jetzt?“ fragt Fräulein Honigohr. „Ich wollte gerade zur Arbeit.““
Der Teppich guckt ungehalten. Dann entrollt er die unförmige Ecke ein Stückchen. Fräulein Honigohr starrt ihn an. „Was… wir hatten vereinbart, dass wir das nie wieder tun!“
Der Teppich zuckt mit den Fransen.
Fräulein Honigohr zupft sich am Ohrläppchen. „Eigentlich geht das nicht. Aber… naja, uns sieht ja keiner. Ach, was soll´s. Einmal ist keinmal. Warte.“ Aus der Küche holt sie einen Kochlöffel, dann schwingt sie sich aufs Fensterbrett. „Na los, schnell!“ Der Teppich schiebt sich unter ihre Füße und fliegt los. Fräulein Honigohr juchzt, als sie die Wolkenränder entlang surfen. Über einer dicken Regenwolke halten sie an und Fräulein Honigohr stellt sich in Position. Sie schwingt probeweise ihren Kochlöffelschläger, während der Teppich die unförmige Ecke öffnet. Gläsern kullern ihre unbeherrschten Momente über das orientalische Webmuster, sie schillern wutgelb, zornsilbern und sturmgrau.
„Also wirklich, du hättest sie nicht behalten sollen“, sagt Fräulein Honigohr und versucht, vorwurfsvoll zu klingen. Der Teppich lässt eine der Glaskugeln in die Höhe springen, sie schwingt den Kochlöffel und schlägt mit aller Kraft zu. Der wutgelbe Moment explodiert mit einem Knall und bläht sich schwefelgelb auf. Es riecht nach faulen Eiern. Fräulein Honigohr strahlt. „Noch einen!“ Sie schlägt Silberblitze, graue Sturmwolken und Platzregen mit Hagel in die aufgeladene Luft.
Als sie fertig sind, lässt Fräulein Honigohr sich klatschnass auf den Teppich fallen, der begeistert Achten durch die Regenwolken fliegt. „Wir sollten das wirklich nicht tun, weisst du?“ sagt sie mit geschlossenen Augen und genießt die kalte Flugluft.
Der Teppich lacht.
Das war ein Beitrag zu den abc-Etüden, organisiert von Christiane! Vielen Dank wie jedes Mal für die Organisiererei! Drei Wörter sind unterzubringen in maximal 300 Wörtern, und wie immer war jedes davon hart umkämpft, bis es exakt 300 waren. 🙂 Die drei Wörter: Teppich, gläsern, flattern. Und weil diese Wörter eine Megasteilvorlage waren (siehe hier), konnte ich gar nicht anders, als mitzumachen 🙂 . Danke, Myriade! Zu ihrem Blog la parole a été donnée à l´homme pour cacher sa pensée geht´s hier!
HAHAHA ! Fürchterlich !! Wieso hat hier noch niemand kommentiert ? Eine Schande ;-!!!
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😉
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Restlos begeistert und total verliebt und ich bin für ein ganzes Buch mit Geschichten von Fräulein Honigohr😍😍😍
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Uiuiui… ein Buch ist aber eine ziemliche Menge an Text… 🙂
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Ach, mit Hilfe von Fräulein Honigohr schaffst du das😉😗🌞
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Du meinst, sie guckt einmal konzentriert und fertig ist es? Das wäre auszuprobieren, damit könnte ich leben… 🙂
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😂😂😂
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So plastisch, diese Wolkenszene! Fräulein Honigohr ist doch immer für eine Überraschung gut. Den Teppich hast du auch wirklich sehr elegant hereingeholt.
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Er ist ja auch ein wirklich eleganter Gentleman, der William Powell der Teppiche, quasi. Da kann gar nichts schiefgehen.
🙂
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Die kleinen Abenteuer von Fräulein Honigohr sind wirklich herrlich! Sie sind in solchen Zeiten ein willkommener Ausflug in eine andere, heilere Welt. Das Lesen ist ein wahrer Genuss.
Liebe Grüße
Alina
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Dankeschön, das freut mich sehr! 🙂
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So zeitnah hintereinander gleich 2 Mal Frau Honigohr. 🙂 Ich bin btw auch für ein ganzes Buch voller Frau Honigohr-Geschichten.
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Tja, wenn man mich herausfordert! 🙂
Wie unten schon gesagt, so ein Buch hätte eine Menge Text… puh…
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Fräulein Honigohr hat aber bestimmt auch eine Menge Dinge zu erzählen und zu erleben. 😉
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hüstl, hüstl…. ähem. 🙂
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Ich glaube, ein Buch hat nur dann eine besonders große Menge an Text, wenn frau noch gar keinen hat … zugegeben, ich kenne die Abenteuer des Fräulein Honigohr nicht, weiß deshalb nicht, ob sie häufiger Erlebnisse hat – könnte ich mir aber gut vorstellen und die kämen garantiert gut an … 😉
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Ein bisschen Text ist da, falls du magst, bitteschön, einfach immer weiter runterscrollen:
https://stachelbeermond.com/category/frisch-geerntet/fraeulein-honigohr/
🙂
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Danke für den Hinweis – ich hab‘ die Geschichten gestern noch entdeckt, nachdem ich die Anmerkung geschrieben hatte – noch keine Gelegenheit zum scrollen gewesen bisher…
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Okay, ich schmeiße mich mal mit zu den anderen auf den Teppich und trommele darauf rum und rufe mit den anderen im Chor: Ich will mehr Geschichten von Fräulein Honigohr!
Aber das weißt du ja längst, dass ich sie zauberhaft finde. Und ganz ehrlich, dein Text von letzter Woche hat mich bewogen, Myriades „Teppich“-Vorschlag für diese Woche auszusuchen. Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!
Liebe Grüße
Christiane 😉
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A-Team-Verschwörungen! Das sind die besten. Und sie funktionieren wirklich immer… wie man sieht! 🙂 Und zu diesem Ding mit dem vielen Text: Ich mache einfach mal weiter, Fräulein Honigohr hat sowieso großes Sendungsbewusstsein, da hab ich wenig Chancen… 🙂
Liebe Grüße von Tanja
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Jetzt wissen wir endlich, wer für die Klimakatastrophe verantwortlich ist! Frl. Honigohr und ihr Kochlöffel! Den sollte man sie schleunigst mal selbst spüren lassen! Unsere ganzen Wissenschaftler und Klimaforscher so zu verhohnepiepeln!
Trump hat also doch irgendwie recht!
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Für die gesamten Klimaprobleme müssten das aber sehr unbeherrschte Momente gewesen sein! Da erklärt sie sich für nicht schuldig. Aber das ein oder andere unerwartete Gewitter, den plötzlichen Nebel – tja… die Schreiberin schweigt und genießt… 🙂
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Ich habe mich gerade schock verliebt in Frl.. Honigohr und ich will auch einen Teppich und böse Momente zerhauen. Einfach nur klasse!!!
Lieben Gruß
Ela
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Schockverliebt gefällt mir sehr gut! 🙂 Und Fräulein Honigohr natürlich auch (obwohl sie hat durchblicken lassen, dass das doch wohl eine angemessene Reaktion auf ihren naturgegebenen Charme ist. Tja. So ist sie.)!
Liebe Grüße von Tanja
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Pingback: Schreibeinladung für die Textwochen 19.20.20 | Wortspende von Olpo Olponator | Irgendwas ist immer
So eine wie Frl. Honigohr gibt’s nicht nochmal.
Danke dir, ich mag sie gern.
Dein Text ist sehr fantasievoll.
Herzliche Grüße
Judith
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Bitteschön, gerne! (ich hab sie auch sehr gern) 🙂
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Pingback: Wie es dazu kam, daß Fräulein Honigohr Herrn Wellenbrink ausstach – olpo run