Was wir alles nie erfahren werden
oder: Das geheime Leben der Nachbarn
Als da wären:
- die jährliche Anzahl der Schlafanzugtage
- wie oft es kalte Pizza zum Frühstück gibt
- wie viele „komm-gut-durch-den-Tag-Küsse“ verteilt werden
- wer wen füttert und wie viel daneben geht
- wo das geheime Schmuckversteck ist
- wie viele belegte Brote gegessen werden, weil niemand Lust zum Kochen hat
- wer wann die Nachbarn belauscht
- wie schrecklich zäh das aus dem Fenster sehen und warten sein kann
- wie laut das Vermissen in Räumen widerhallt
- die Menge der geweinten nächtlichen Tränen
- die Lautstärke der zugeschlagenen Türen
- wie beängstigend dunkel Abhängigkeit sein kann
- die Anzahl der Tage, die auf dem Sofa oder im Bett verbracht werden
- wie viel Sport nicht gemacht wird
- welche Menge an Schokolade spurlos verschwindet
- wie oft die romantische Szene im Lieblingsfilm wiederholt wird
- wie langsam stille Zeit vergeht, begleitet nur vom Ticken der alten Uhr
- wie zärtlich das Foto des Ehemanns vorm Schlafengehen gestreichelt wird
- dass die Katze doch ins Bett darf
- wo es überall Platz für zwei gibt, wenn man frisch verliebt ist
- wie viele Tagträume geträumt werden und was sie bewirken
- wer wem die Socken anzieht
- und wer wem beglückt alles andere auszieht
Gar nichts werden wir erfahren
Denn ich weiß, dass ich nichts weiß
Und ich erfahre, dass ich nichts erfahre
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